Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz (Grundwerk)
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Aktueller Nachtrag:
32. Ergänzungslieferung von Oktober 2021
Der Kommentar erläutert das Niedersächsische Personalvertretungsgesetz (NPersVG) umfassend, übersichtlich gegliedert und gut verständlich. Der Schwerpunkt liegt in der praxisbezogenen Erörterung der gesetzlichen Bestimmungen unter Auswertung hierzu ergangener Rechtsprechung. Der Kommentar bietet eine Handreichung für die alltägliche Arbeit der Dienststellen und Personalvertretungen, gibt aber auch Rechtsanwälten und Richtern einen verlässlichen Überblick und Anregungen zur streitigen Diskussion..
Die Kommentierung wird ergänzt durch eine Sammlung der wesentlichen personalvertretungsrechtlichen Vorschriften. Ein Sachregister erleichtert die Arbeit mit dem Werk.
Autoren des Werks sind seit 2019 Sven-Marcus Süllow (Vorsitzender Richter am VG Hannover) und Dr. Alexander Weichbrodt (Vorsitzender Richter am OVG Lüneburg), die beide den Fachspruchkörpern für Landespersonalvertretungssachen vorsitzen.
Autoren:
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Hermann PalmHermann Palm
- Ass. jur.
- Ministerialdirigent beim Niedersächsischen Landesrechnungshof
- Mitarbeit beim „Modernen Management für die Verwaltung“
- Mitarbeit im Autorenteam Kümmel/Beamtenrecht
- Mitarbeit im Autorenteam Kümmel/Beamtenversorgungsrecht
- zahlreiche Veröffentlichungen auf dem Gebiet des öffentlichen Dienstrechts sowie zu Fragen der Verwaltungsreform
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Sven-Marcus SüllowSven-Marcus Süllow
Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht, Ass. jur., Diplom-Verwaltungswirt (FH)
- 2001 – 2004 Richter, Verwaltungsgerichte Stade und Hannover
- 2004 – 2007 Referent für Öffentliches Recht im Niedersächsischen Justizministerium
- 2007 – 2013 Richter am Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, u. a. Mitglied der Fachsenate für Landes- und Bundespersonalvertretungssachen
- seit 2013 Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Hannover, u. a. Vorsitzender der Fachkammern für Landes- und Bundespersonalvertretungssachen
Mitarbeit im Autorenteam Personalvertretungs- und Gleichstellungsrecht in Niedersachsen
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Dr. Alexander WeichbrodtDr. Alexander Weichbrodt
- Vorsitzender Richter am Oberverwaltungsgericht bei dem Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht, u. a. Vorsitz in den Fachsenaten für das Bundes- und Landespersonalvertretungsrecht sowie das Richtervertretungsrecht
- Mitglied im Landespersonalausschuss
- Mitarbeit im Autorenteam Personalvertretungs- und Gleichstellungsrecht in Niedersachsen
Ergänzungslieferungen:
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Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz 32. Ergänzungslieferung
Autor: Süllow / Weichbrodt
Erschienen: Oktober 2021Die 32. Ergänzungslieferung ist auf dem Stand von September 2021. Ihr Schwerpunkt liegt in der vollständigen Neukommentierung aller Regelungen betreffend Öffentliche Schulen und Studienseminare (§§ 92 bis 104 NPersVG) sowie Öffentliche Hochschulen (§ 105 NPersVG). In diesem Zusammenhang ist auch die Kommentierung des § 72a NPersVG aktualisiert worden, der durch Art. 4 des Gesetzes zur Umsetzung der Neuordnung des nachgeordneten Bereichs im Geschäftsbereich des Kultusministeriums vom 10. Dezember 2020 (Nds. GVBl. S. 496) geändert worden ist und der die Ersetzung der Niedersächsischen Landesschulbehörde durch die neu gebildeten Regionalen Landesämter für Schule und Bildung zum 1. Dezember 2020 im Personalvertretungsrecht nachvollzieht. Darüber hinaus wurden die Kommentierungen der §§ 5 (Bildung von Gruppen), 21 (Anfechtung der Wahl) und 66 (Mitbestimmung bei sozialen und sonstigen innerdienstlichen Maßnahmen) ergänzt und der Gesetzestext in Teil III auf den aktuellen Stand gebracht.
Ihre Anregungen und Hinweise sind unter info@pinkvoss-verlag.de jederzeit willkommen.
Leseprobe
NPersVG
§ 21
Anfechtung der WahlIst gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden, so können mindestens drei Wahlberechtigte, eine in der Dienststelle vertretene Gewerkschaft oder die Dienststelle binnen einer Frist von 14 Tagen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses gerechnet, die Wahl unmittelbar bei den Verwaltungsgerichten anfechten, wenn eine nach der Wahlordnung zulässige und beantragte Berichtigung nicht vorgenommen worden ist und der Verstoß das Wahlergebnis ändern oder beeinflussen könnte.
Erläuterungen:
I. Allgemeines
Die Vorschrift regelt abschließend die Voraussetzungen für die verwaltungsgerichtliche Anfechtung der Wahlen zu den Personalvertretungen. Sie dient der im allgemeinen Interesse von Beschäftigten und Dienststelle liegenden Überprüfung der Ordnungsmäßigkeit der Wahl, nicht aber der Entscheidung über Rechte der einzelnen Personalratsmitglieder oder der Wahlberechtigten.1) Dadurch, dass die Vorschift die Anfechtung nur innerhalb einer Ausschlussfrist von 14 Tagen zulässt und bei Fristversäumnis eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand generell ausgeschlossen ist,2) dient sie auch der Rechtssicherheit, weil nach Ablauf der Wahlanfechtungsfrist die Gültigkeit der Personalratswahl nicht mehr in Zweifel gezogen werden kann und von diesem Zeitpunkt an von der Existenz einer rechtmäßig gewählten Personalvertretung auszugehen ist.
II. Nichtigkeit der Wahl
Im Gegensatz zur nach § 21 NPersVG anfechtbaren und damit rechtswidrigen Wahl braucht die nichtige Wahl nicht durch Klage vor den Verwaltungsgerichten festgestellt zu werden. Ein entsprechendes verwaltungsgerichtliches Verfahren, in dem die Nichtigkeit einer Wahl (deklaratorisch) festgestellt werden soll, ist aber nach § 83 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 NPersVG unabhängig von den Anforderungen des § 21 NPersVG – also etwa auch nach Ablauf der Ausschlussfrist für eine Wahlanfechtung – möglich.3) Die nichtige Wahl ist eine Nichtwahl, die Beschlüsse des Personalrats sind unwirksam und die Schutzvorschriften des § 41 NPersVG finden keine Anwendung.
Nichtigkeit liegt vor, wenn bei der Wahl des Personalrats so grob und offensichtlich gegen Wahlvorschriften verstoßen wurde, dass nicht einmal mehr von dem Anschein einer dem Gesetz entsprechenden Wahl gesprochen werden kann und dies jedem mit den Verhältnissen der Dienststelle vertrauten Dritten sofort ohne Weiteres erkennbar ist; ein auf diese Weise in das Amt berufenes Gremium besitzt weder die Legitimation zur Wahrnehmung personalvertretungsrechtlicher Aufgaben, noch können in diesem Falle die Dienststellenleitung und die Beschäftigten darauf vertrauen, dass dieses Gremium rechtswirksam personalvertretungsrechtliche Aufgaben wahrnehmen kann.4) Dies ist etwa der Fall bei einer Wahl der Personalvertretung durch Handaufheben im Rahmen einer Personalversammlung oder dann, wenn in großer Anzahl und gleichzeitig mehrere – jeweils für sich genommen – nach § 21 anfechtbare Rechtsverstöße begangen wurden, die in ihrer Summe insgesamt als schwerwiegender und offenkundiger Mangel der Wahl bewertet werden müssen. Nichtigkeit der Wahl liegt dagegen nicht vor, wenn zwar ein schwerwiegender Mangel der Wahl – z. B. falsche Angabe der Zahl der zu wählenden Personalratsmitglieder im Wahlausschreiben – zu bejahen, andererseits aber ein offenkundiger Fehler nicht gegeben ist.5)
III. Voraussetzungen der Wahlanfechtung
1. Voraussetzungen der Wahlanfechtung im Überblick
Die Wahlanfechtung nach § 21 NPersVG ist an folgende Voraussetzungen geknüpft:
- Einhaltung der Ausschlussfrist von 14 Tagen,
- Verletzung wesentlicher Vorschriften des Wahlrechts, der Wählbarkeit oder des Wahlverfahrens,
- Nichtvornahme einer nach der Wahlordnung zulässigen und auch beantragten Berichtigung,
- Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses durch die Rechtsverletzung,
- zulässiger Antrag auf Wahlanfechtung.
2. Wahrung der Anfechtungsfrist
Formelle Voraussetzung der Wahlanfechtung ist, dass sie vom Tag der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, binnen einer Frist von 14 Tagen unmittelbar bei den Verwaltungsgerichten angefochten wird. Gem. § 187 Abs. 1 BGB beginnt die Anfechtungsfrist am ersten Tag nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses. Gibt der Wahlvorstand das Wahlergebnis zu verschiedenen Zeiten durch Aushang bekannt, so ist für den Beginn der Anfechtungsfrist der Tag des letzten Aushangs maßgebend.
3. Verletzung wesentlicher Vorschriften des Wahlrechts, der Wählbarkeit oder des Wahlverfahrens
Die Wahlanfechtung kommt nur bei Verletzung wesentlicher Vorschriften des Wahlrechts, der Wählbarkeit oder des Wahlverfahrens in Frage. Wesentliche Vorschriften des Wahlverfahrens sind grundsätzlich alle zwingenden Vorschriften über das Wahlverfahren.6) Somit kann die Anfechtung nur auf Verstöße gegen sog. Muss- nicht aber auf Verletzung sog. Soll-Vorschriften gestützt werden.7) Die Verletzung bloßer Ordnungsvorschriften8) kann unwesentlich sein, wenn sie den Kernbereich der Wahl nicht berührt. Andererseits ist zu beachten, dass das Wahlrecht als solches durch eine besondere Formenstrenge gekennzeichnet ist und deshalb jede auf ein ordnungsgemäßes Ergebnis der Wahl zielende Vorschrift als wesentlich anzusehen ist. Bei Beurteilung der Frage, ob gegen wesentliche Vorschriften der Wahl verstoßen wurde, kommt es ausschließlich auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Wahl, nicht hingegen auf spätere Veränderungen an.
Die Rechtsprechung hat unter anderem in folgenden Fällen Verstöße gegen wesentliche Vorschriften über die Wahl angenommen:
- Ein gültiger Wahlvorschlag wird vom Wahlvorstand nicht zugelassen.9)
- Der Wahlvorstand gibt einen fehlerhaften Wahlvorschlag an einen anderen als den Listenvertreter zurück.10)
- Ein Bewerber, der im Zeitpunkt der Wahl der Dienststelle nicht mehr angehören wird, wird vom Wahlvorstand gestrichen, anstatt die Wahlbewerbung unverzüglich an den Listeneinreicher zurückzugeben11)
- Die im Wahlausschreiben festgelegte Zeit für die Stimmabgabe wird nicht eingehalten.12)
- Die Briefwahl eines Bediensteten wird nicht im Wählerverzeichnis vermerkt und der Stimmzettel wird verfrüht aus dem Freiumschlag entnommen.13)
- Der Wahlvorstand weist einen gültigen Wahlvorschlag zurück.14)
- Die Stimmabgabe erfolgt in einem vom Wahlraum nicht einsehbaren Nebenraum.15)
- Abgabe der Stimmzettel ohne Wahlumschlag, wenn die Verwendung von Wahlumschlägen in der Wahlordnung vorgeschrieben ist;16) in § 17 WO-PersV ist dies nur für die Briefwahl der Fall, bei der Stimmabgabe im Wahlraum reicht das Zusammenfalten des Stimmzettels aus (§ 18 Abs. 1 Satz 1 WO-PersV).
- Das Wahlausschreiben wird nicht von sämtlichen Mitgliedern des Wahlvorstands unterschrieben.17)
- Das Wahlausschreiben ist nicht in einem räumlich getrennten Teil der Dienststelle ausgehängt worden; dies gilt auch dann, wenn der Wahlvorstand seine Bekanntmachungen zusätzlich auch auf elektronischem Wege vornimmt.18)
- Obwohl Verhältniswahl gesetzlich vorgeschrieben ist, wird die Wahl der Personalvertretung nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchgeführt.19)
- In einer ordnungsgemäß erstellten Wahlvorschlagsliste werden nachträglich Streichungen und Änderungen vorgenommen.20)
- Der Wahlvorstand ist fehlerhaft besetzt, weil einer Gruppe nicht vertreten ist.21)
- Der Wahlvorstand unterlässt es, die Vorschlagenden eines Wahlvorschlags bei Nichteinhaltung der Geschlechterparität entgegen der in § 17 Abs. 2 NPersVG enthaltenen Verpflichtung zur Ergänzung oder Abgabe einer Abweichungsbegründung aufzufordern und gegebenfalls die Abweichungsbegründung zu veröffentlichen.22)
Diejenigen, die eine Personalratswahl anfechten, tragen die (objektive) Beweislast dafür, dass gegen eine wesentliche Vorschrift über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden ist. Erst wenn ein derartiger Verstoß feststeht, greift die Vermutung ein, dass durch den Verstoß das Wahlergebnis geändert oder beeinflusst werden konnte.23)
4. Nichtvornahme einer nach der Wahlordnung zulässigen und auch beantragten Berichtigung
Neben Verletzung wesentlicher Vorschriften über die Wahl setzt die Anfechtung nach § 21 NPersVG außerdem voraus, dass eine nach der Wahlordnung zulässige und auch beantragte Berichtigung des gerügten Rechtsverstoßes nicht vorgenommen wurde. Selbst bei Verstößen gegen wesentliche Vorschriften kann die Anfechtung nur ultima ratio sein, da im Interesse der Rechtssicherheit zunächst die zulässigen Berichtigungsmöglichkeiten ausgeschöpft werden müssen, um Rechtsfehler zu korrigieren und hierdurch die Wirksamkeit der Wahl zu erhalten. Allerdings können nur solche Fehler berichtigt werden, die ohne weiteres zu beheben sind, ohne dass zu diesem Zweck eine Wiederholung der Wahl erforderlich wäre.24) Einer Berichtigung steht es gleich, wenn ein Fehler auf andere Weise als durch Berichtigung gegenstandslos geworden ist.25) Eine – gegenüber der verwaltungsgerichtlichen Wahlanfechtung zunächst vorrangige – Berichtigung des Wahlergebnisses von Amts wegen oder auf Antrag durch den Wahlvorstand ist nach § 26 Abs. 1 WO-PersV auf offenbare Unrichtigkeiten des Wahlergebnisses beschränkt; sie ist zudem nur innerhalb von einer Woche nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses zulässig. Geht es nicht um derartige offenbare Unrichtigkeiten, ist von vornherein das verwaltungsgerichtliche Wahlanfechtungsverfahren nach § 21 NPersVG ohne vorgeschaltetes Berichtigungsverfahren eröffnet (§ 26 Abs. 2 WO-PersV).
5. Möglichkeit der Beeinflussung des Wahlergebnisses durch die Rechtsverletzung
Im Rahmen einer Wahlanfechtung nach § 21 ist schließlich zu prüfen, ob die im jeweiligen Einzelfall festgestellte Rechtsverletzung das (richtige, rechtmäßige) Wahlergebnis ändern oder beeinflussen könnte. Die abstrakte Möglichkeit des Kausalzusammenhangs zwischen Rechtsverstoß und Wahlergebnis reicht für eine Wahlanfechtung nicht aus. Vielmehr ist auf die konkrete Rechtsverletzung unter Berücksichtigung des konkreten Wahlergebnisses abzustellen.26)Nach den gegebenen Umständen des Einzelfalls muss also nicht nur eine theoretische, sondern zumindest nach der allgemeinen Lebenserfahrung eine konkrete und nicht ganz fern liegende Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit gegeben sein, dass der beanstandete Verstoß auf das Wahlergebnis von Einfluss ist oder sein kann.27) Ob diese Möglichkeit bestand, beantwortet sich in der Regel aus der Art des Verstoßes und der Berücksichtigung des konkreten Sachverhaltes; abstrakt nicht auszuschließende, nach der Lebenserfahrung aber unwahrscheinliche Kausalverläufe bleiben unberücksichtigt, wenn für ihren Eintritt keine tatsächlichen Anhaltspunkte bestehen.28)
Bei einem erheblichen, nicht berichtigten Verstoß gegen wesentliche Vorschriften der Wahl spricht jedoch zunächst eine (widerlegbare) Vermutung dafür vor, dass hierdurch das Wahlergebnis beeinflusst worden ist. Deshalb muss der Anfechtungsberechtigte auch nicht beweisen, dass das Wahlergebnis durch den Verstoß tatsächlich beeinflusst worden ist. Der Anfechtungsgegner muss vielmehr das Gegenteil beweisen.29) Die Kausalitätsprüfung im Sinne eines Hinwegdenkens des Fehlers ist indessen nicht anwendbar bei Verstößen, deren Fehlerfolgen im Wahlrecht schon selbst ausdrücklich geregelt sind; sind etwa alle abgegebenen Stimmzettel nach den Vorgaben der Wahlordnung ungültig, kann die Wahl nicht mit Blick auf das gleichwohl erkennbar gewordene Abstimmungsverhalten als gültig angesehen werden.30)
6. Zulässiger Antrag auf Wahlanfechtung
Das Anfechtungsrecht gem. § 21 NPersVG steht einer Gemeinschaft von mindestens drei wahlberechtigten Bediensteten, einer in der Dienststelle vertretenen Gewerkschaft oder der Dienststelle zu. Die Anfechtung wird mit Rechtskraft der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung wirksam. Wird die Wahl für ungültig erklärt, muss die gesamte Wahl wiederholt werden. Sofern die Anfechtung lediglich ein oder zwei Gruppen betrifft, hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts keinen Einfluss auf die Vertreter der anderen Gruppe(n).31) Die Vertreter der anderen Gruppe(n) bleiben im Amt und bilden zunächst den Personalrat. Wenn sich die Anfechtung demgegenüber lediglich gegen die Feststellung des Wahlergebnisses richtet, muss das Verwaltungsgericht in seinem Beschluss das richtige Wahlergebnis feststellen.
IV. Inhalt des Antrags auf Wahlanfechtung und Entscheidung des Verwaltungsgerichts
Die Anfechtung nach § 21 kann entweder auf Ungültigkeit der Wahl oder auf Korrektur des Wahlergebnisses gerichtet sein. Im ersten Fall muss die Wahl der Personalvertretung oder einer Gruppe angefochten werden. Denkbar ist dabei, dass das Verwaltungsgericht bei einer erfolgreichen Wahlanfechtung die Wahl (teilweise) für ungültig erklärt32) oder deren Ungültigkeit bzw. Unwirksamkeit lediglich feststellt.33) Praktische Konsequenzen hat diese Differenzierung indessen nicht, da bei jeder Form der gerichtlichen Tenorierung die Wahl (teilweise) zu wiederholen ist. Richtigerweise ist von einer rechtsgestaltenden Ungültigkeitserklärung mit konstitutivem Charakter auszugehen; diese Sichtweise entspricht auch der Spruchpraxis der Verwaltungsgerichte in Niedersachsen.34)
Die erfolgreiche Wahlanfechtung mit Ungültigkeitserklärung führt zur Unwirksamkeit der Personalratswahl ex nunc, d. h. der zunächst als gewählt bekannt gegebene Personalrat amtiert bis zur Ungültigkeitserklärung mit allen personalvertretungsrechtlichen Befugnissen, die auch ein ordnungsgemäß gewählter Personalrat hätte.35)
Geht es nicht um die Frage der Gültigkeit der Wahl, sondern um die Korrektur des Wahlergebnisses, ist im Wahlanfechtungsverfahren geltend zu machen, dass der Wahlvorstand das Wahlergebnis fehlerhaft festgestellt hat. In einer solchen Konstellation stellt das Verwaltungsgericht das zutreffende Wahlergebnis fest, sofern dies möglich ist.36)
4) Nds. OVG, Beschluss vom 4. 6. 2015 – 18 LP 1/15 –, juris Rn. 62 unter Rezeption des BAG, Beschluss vom 19. 11. 2003 – 7 ABR 24/03 –, juris Rn. 34.
5) OVG Nordrhein-Westfalen ZfPR 2000, 11.
6) Nds. OVG, Beschlüsse vom 28. 3. 2017 – 18 LP 7/16 –, juris Rn. 30 und vom 15. 5. 2013 – 17 LP 8/12 –, juris Rn. 28; BVerwG, Beschluss vom 26. 11. 1997 – 6 P 12/95 –, juris Rn. 13.
7) Vgl. Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 18. Aufl., § 21 Rn. 18.
8) Vgl. zur Differenzierung zwischen wesentlichen Vorschriften und Ordnungsvorschriften bei Wahlen nach dem Betriebsverfassungsgesetz: BAG, Beschluss vom 18. 7. 2012 – 7 ABR 21/11 –, juris.
11) OVG Hamburg PersV 1982, 157.
12) OVG Lüneburg ZBR 1962, 60.
13) OVG Münster ZBR 1975, 357.
15) OVG Münster ZBR 1980, 260.
16) VG Hannover, Beschluss vom 26. 10. 2016 – 16 A 2520/16 –, juris Rn. 18 zu § 15 Abs. 4 Nr. 1 BPersVWO.
17) OVG Lüneburg ZBR 1962, 60.
18) Nds. OVG, Beschluss vom 28. 3. 2017 – 18 LP 7/16 –, juris.
19) OVG Lüneburg ZBR 1961, 159.
22) OVG Niedersachsen, Beschluss vom 28. 8. 2014 – 18 LP 5/14 –.
23) OVG Nordrhein-Westfalen ZfPR 2000, 4.
24) Bay. VGH PersV 1980, 60.
28) BVerwG, Beschluss vom 26. 11. 2008 – 6 P 7/08 –, juris Rn. 20; Nds. OVG, Beschluss vom 28. 3. 2017 – 18 LP 7/16 –, juris Rn. 40.
30) Vgl. zu einer solchen Konstellation: VG Hannover, Beschluss vom 26. 10. 2016 – 16 A 2520/16 –, juris.
32) Vgl. VG Hannover, Beschluss vom 11. 8. 2016 – 17 A 2723/16 –, n. v.
33) Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 18. Aufl., § 21 Rn. 2.
34) Vgl. etwa Nds. OVG, Beschluss vom 28. 3. 2017 – 18 LP 7/16 –, juris Rn. 27.
35) Vgl. Nds. OVG, Beschluss vom 4. 6. 2015 – 18 LP 1/15 –, juris Rn. 62; Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 18. Aufl., § 21 Rn. 24.
36) Vgl. Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 18. Aufl., § 21 Rn. 16.
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Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz 31. Ergänzungslieferung
Autor: Süllow / Weichbrodt
Erschienen: Oktober 2020
Mit der 31. Ergänzungslieferung haben wir den Kommentar neu strukturiert und deutlich verschlankt. Aus bisher drei Bänden wird nur noch ein Band. Die Textsammlung beschränkt sich auf die wesentlichen personalvertretungsrechtlichen Vorschriften und das Niedersächsische Gleichberechtigungsgesetz wird in diesem Werk nicht weiter kommentiert. Kernstück ist und bleibt aber die Kommentierung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes, die von uns regelmäßig unter Berücksichtigung insbesondere der neueren Rechtsprechung aktualisiert und ausgebaut wird. Wir hoffen, dass das nun nur noch einbändige Werk Ihnen weiterhin eine hilfreiche Handreichung für die alltägliche Arbeit sein und Ihnen einen verlässlichen Überblick, aber auch Anregungen zur streitigen Diskussion geben wird.
Die 31. Ergänzungslieferung enthält:
Neukommentierungen des
• § 69 (Initiativrecht des Personalrats),
• § 75 (Herstellung des Benehmens) und
• § 76 (Verfahren zur Herstellung des Benehmens).
Folgende Paragrafen wurden überarbeitet oder ergänzt:
§ 22 (Amtszeit des Personalrats),
§ 25 (Erlöschen der Mitgliedschaft im Personalrat),
§ 29 (Einberufung der Personalratssitzungen),
§ 31 (Beschlüsse des Personalrats),
§ 39 (Ehrenamtliche Tätigkeit und Freistellung),
§ 41 (Schutzvorschriften),
§ 53 (Vorsitz; Geschäftsführung),
§ 60 (Informationsrecht des Personalrats),
§ 72 (Verfahren der Einigungsstelle),
§ 73 (Aufhebung von Entscheidungen der Einigungsstelle),
§ 74 (Vorläufige Regelungen),
§ 79 (Zuständigkeit des Personalrats und der Stufenvertretungen),
§ 83 (Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte) und
§ 107d (Verfahren der Einigungsstelle.
Unter anderem wurden die Änderungen durch das Niedersächsische Gesetz zur Änderung niedersächsischer Rechtsvorschriften aus Anlass der COVID-19-Pandemie vom 15. 7. 2020 (Nds. GVBl. S. 244) eingearbeitet und erläutert.
Leseprobe
Auszug aus:
NPersVG
§ 75
Herstellung des Benehmens…
2. Abmahnungen, § 75 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG
Nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG hat die Dienststelle bei beabsichtigten Abmahnungen das Benehmen mit dem Personalrat herzustellen, wenn die Beteiligung beantragt wird; die Dienststelle hat auf das Antragsrecht rechtzeitig hinzuweisen. Ein vergleichbarer Beteiligungstatbestand findet sich im Bundespersonalvertretungsgesetz nicht, aber durchaus in den Personalvertretungsgesetzen anderer Bundesländer.1)
2.1 Personeller Anwendungsbereich
Der personelle Anwendungsbereich des § 75 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG beschränkt sich auf Arbeitnehmer der in § 1 NPersVG genannten Verwaltungen einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 NPersVG.2)
Beamte (und die Einleitung eines gegen diese gerichteten förmlichen Disziplinarverfahrens) unterfallen dem Anwendungsbereich des § 75 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG nicht. § 75 Nr. 2 NPersVG in der Fassung des Gesetzes vom 2. 3. 19943) enthielt noch einen Tatbestand der Benehmensherstellung „Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens, wenn die Beteiligung beantragt wird; die Dienststelle hat auf das Antragsrecht rechtzeitig hinzuweisen“.4) Dieser Beteiligungstatbestand wurde – als Folgeänderung zu dem auf Vorschlag des DGB5) eingefügten § 65 Abs. 4 Nr. 1 NPersVG – durch Art. 1 Nr. 21 Buchst. a) bb) des Gesetzes zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes vom 12. 11. 19976) mit Wirkung zum 19. 11. 1997 ersatzlos gestrichen. Diese Streichung stellt zwar die Begründung des Gesetzgebers für die Einführung des Tatbestands der Benehmensherstellung bei „Abmahnungen“ infrage. Denn dieser ist als bloßer Paralleltatbestand zur Benehmensherstellung bei der „Einleitung eines förmlichen Disziplinarverfahrens“ gegen Beamte geschaffen worden.7) Die ausdrückliche Aufhebung letztgenannten Tatbestandes schließt – neben grundsätzlichen systematischen Bedenken8) – eine erweiternde Auslegung und Anwendung des aktuellen Tatbestands in § 75 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG auf Beamte indes aus.
2.2 Beteiligungstatbestand
Die Pflicht zur Benehmensherstellung nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG wird nur durch eine von der Dienststellenleitung beabsichtigte förmliche Abmahnung ausgelöst.9) Zugrunde zu legen ist der arbeitsrechtliche Begriff der Abmahnung.10) Hiernach ist es nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber den Begriff „Abmahnung“ ausdrücklich verwendet. Eine Abmahnung liegt vielmehr schon dann vor, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer deutlich und ernsthaft ermahnt und ihn auffordert, ein genau bezeichnetes Fehlverhalten zu ändern oder aufzugeben. Die Abmahnung muss nicht mit der Androhung einer Kündigung verbunden werden. Sie muss aber so eindringlich erfolgen, dass der Arbeitnehmer erkennen kann, dass weitere Pflichtverletzungen die Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses gefährden.11) Mit einer Abmahnung übt ein Arbeitgeber mithin seine arbeitsvertraglichen Gläubigerrechte in doppelter Hinsicht aus. Zum einen weist er den Arbeitnehmer als seinen Schuldner auf dessen vertragliche Pflichten hin und macht ihn auf die Verletzung dieser Pflichten aufmerksam (Rüge- und Dokumentationsfunktion). Zum anderen fordert er ihn für die Zukunft zu einem vertragstreuen Verhalten auf und kündigt, sofern ihm dies angebracht erscheint, individualrechtliche Konsequenzen für den Fall einer erneuten Pflichtverletzung an (Warnfunktion).12) Die Entfernung einer solchen Abmahnung aus der Personalakte kann ein Arbeitnehmer beanspruchen, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht, den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und wenn bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht.13)
Ein nichtförmliches Vorgehen der Dienststellenleitung gegen das Fehlverhalten eines Arbeitnehmers löst die Pflicht zur Benehmensherstellung nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG nicht aus. Dies kann etwa eine bloße Rüge,14) eine Missbilligung der Verletzung von Verhaltenspflichten,15) eine Weisung zur Erfüllung dienstlicher Pflichten16) oder eine Ermahnung sein, die sich von der förmlichen Abmahnung durch die fehlende Warnung vor Konsequenzen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses unterscheidet.17)
2.3 Antragserfordernis
Die Dienststelle hat nur dann das Benehmen mit der Personalvertretung nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG herzustellen, wenn diese Beteiligung vom betroffenen Arbeitnehmer beantragt wird. Der Antrag ist bei der Dienststelle und nicht beim Personalrat zu stellen.18) Gesetzlich ist für diesen Antrag keine Form bestimmt, so dass auch ein mündlich gestellter Antrag genügt. Zur Dokumentation und zur Nachweisführung empfiehlt sich aber die schriftliche Antragstellung. Stellt der betroffene Arbeitnehmer den Antrag nicht, darf die Dienststelle den Personalrat nicht nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG beteiligen.
Gemäß § 75 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 NPersVG hat die Dienststelle den betroffenen Arbeitnehmer auf das Antragsrecht rechtzeitig hinzuweisen. Auch für diesen Hinweis schreibt das Gesetz keine Form vor. Sinnvollerweise wird der Hinweis mit der Anhörung verbunden, die nach § 3 Abs. 6 Satz 4 TV-L19) vor Ausspruch der Abmahnung und deren Aufnahme in die Personalakte zu erfolgen hat. Nach dieser Bestimmung müssen die Beschäftigten über Beschwerden und Behauptungen tatsächlicher Art, die für sie ungünstig sind oder ihnen nachteilig werden können, vor Aufnahme in die Personalakten gehört werden. Die Abmahnung ist eine „Behauptung tatsächlicher Art“ in diesem Sinne.20)
Rechtzeitig erfolgt der Hinweis nur, wenn er den Arbeitnehmer in die Lage versetzt, ohne schuldhaftes Zögern nach angemessener Überlegungsfrist der Dienststelle sein Verlangen nach einer Beteiligung der Personalvertretung mitzuteilen.21) Eine konkrete Frist kann hierzu angesichts der Vielgestaltigkeit betroffener Lebenssachverhalte und gegebenenfalls auch kurzfristig notwendiger Reaktionsmöglichkeiten des Arbeitgebers nicht bestimmt werden.22) Für die Dienststelle empfiehlt es sich, mit der Anhörung und dem Hinweis auf das Antragsrecht einen konkreten Termin zu nennen, zu dem oder ab dem die beabsichtigte Abmahnung ausgesprochen werden soll. Dies versetzt den Arbeitnehmer ohne Weiteres auch kurzfristig in die Lage, eine Entscheidung über seinen Antrag zu treffen und diese Entscheidung der Dienststelle mitzuteilen.
2.4 Fehlerfolgen
Nimmt der Arbeitgeber eine Abmahnung ohne vorherige Anhörung des Arbeitnehmers gemäß § 3 Abs. 6 Satz 4 TV-L zu den Personalakten, so hat der Arbeitnehmer wegen Verletzung einer Nebenpflicht einen schuldrechtlichen Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus den Personalakten. Auch die nachträgliche Anhörung des Arbeitnehmers in Form der Übersendung des zu den Akten genommenen Abmahnungsschreibens heilt den Mangel nicht.23)
In gleicher Weise ist eine ohne Beteiligung der Personalvertretung ausgesprochene Abmahnung unwirksam.24) Hierfür ist es unerheblich, ob die unterbliebene Beteiligung der Personalvertretung darauf beruht, dass der nach § 75 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 2 NPersVG erforderliche Hinweis an den Arbeitnehmer nicht, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erfolgt ist. Der Mangel der Durchführung des Beteiligungsverfahrens kann auch nicht durch eine Nachholung geheilt werden.25) Die Dienststelle ist indes nicht gehindert, nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Beteiligungsverfahrens die Abmahnung erneut auszusprechen.
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1) Vgl. bspw. § 74 Abs. 2 des Personalvertretungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen in der zuletzt durch das Gesetz vom 26. 2. 2019 (GV. NRW. S. 134) geänderten Fassung und § 80 Abs. 3 Satz 1 des Saarländischen Personalvertretungsgesetzes in der zuletzt durch das Gesetz vom 18. 4. 2018 (Amtsbl. I S. 332) geänderten Fassung.
2) Vgl. Dembowski/Ladwig/Sellmann, NPersVG, § 75 Rn. 3 (Stand: November 2016).
3) Nds. GVBl. 1994, 95.
4) Vgl. hierzu Nds. Landesregierung, Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes für das Land Niedersachsen, LT-Drs. 12/4370, S. 166.
5) Vgl. Nds. Landesregierung, Entwurf des Zweiten Gesetzes zur Änderung des Personalvertretungsgesetzes für das Land Niedersachsen, LT-Drs. 13/2913, S. 25.
6) Nds. GVBl. 1997, 464.
7) Vgl. hierzu Nds. Landesregierung, Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes für das Land Niedersachsen, LT-Drs. 12/4370, S. 166.
8) Siehe oben Rn. 7 f.
9) Nds. Landesregierung, Entwurf eines Personalvertretungsgesetzes für das Land Niedersachsen, LT-Drs. 12/4370, S. 166.
10) OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. 3. 1992 – 1 A 621/91.PVL –, ZBR 1992, 387.
11) Vgl. BAG, Urteil vom 18. 1. 1980 – 7 AZR 75/78 –, PersV 1981, 431; Sponer/Steinherr, TVöD Gesamtausgabe, Abschnitt V, Vorbemerkung Nr. 4.2.3 (Stand: September 2019) jeweils m. w. N.
12) BAG, Urteil vom 19. 7. 2012 – 2 AZR 782/11 –, BAGE 142, 331 m. w. N. zur ständigen Rspr.
13) Vgl. BAG, Urteil vom 27. 11. 2008 – 2 AZR 675/07 –, NZA 2009, 842; LAG Niedersachsen, Urteil vom 12. 9. 2018 – 14 Sa 140/18 –, LAGE § 16 ArbSchG Nr. 1 jeweils m. w. N.
14) Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 18. Aufl. 2020, § 75 Rn. 8.
15) OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11. 3. 1992 – 1 A 621/91.PVL –, ZBR 1992, 387.
16) Vgl. § 64 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 NPersVG; Dembowski/Ladwig/Sellmann, NPersVG, § 75 Rn. 6 (Stand: November 2016).
17) Vgl. Kranz, Die Ermahnung in der arbeitsrechtlichen Praxis, in: DB 1998, 1464.
18) Fricke/Bender/Dierßen/Otte/Thommes, NPersVG, 7. Aufl. 2020, § 75 Rn. 5.
19) Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) vom 12. 10. 2006 in der Fassung des Änderungstarifvertrages Nr. 11 vom 2. 3. 2019.
20) Vgl. BAG, Urteil vom 16. 11. 1989 – 6 AZR 64/88 –, BAGE 63, 240 (zu § 13 Abs. 2 Satz 1 BAT a. F.).
21) Dembowski/Ladwig/Sellmann, NPersVG, § 75 Rn. 7 (Stand: November 2016).
22) A. A. Fricke/Bender/Dierßen/Otte/Thommes, NPersVG, 7. Aufl. 2020, § 75 Rn. 5: 14 Tage.
23) Vgl. BAG, Urteil vom 16. 11. 1989 – 6 AZR 64/88 –, BAGE 63, 240 (zu § 13 Abs. 2 Satz 1 BAT a. F.).
24) Fricke/Bender/Dierßen/Otte/Thommes, NPersVG, 7. Aufl. 2020, § 75 Rn. 5; a. A. Dembowski/Ladwig/Sellmann, NPersVG, § 75 Rn. 9 (Stand: November 2016).
25) A. A. Zimmerling, Auswirkungen der fehlerhaften Personalratsbeteiligung auf das Angestellten-/Arbeitsverhältnis, in: PersV 2002, 386.
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Personalvertretungsrecht 30. Ergänzungslieferung
Autor: Kümmel / Palm / Süllow / Weichbrodt
Erschienen: Oktober 2019
Mit der 30. Ergänzungslieferung (Stand: Oktober 2019) werden die bewährten Kommentierungen des § 24 (Ausschluss eines Mitgliedes und Auflösung des Personalrats durch gerichtliche Entscheidung), des § 37 (Kosten der Personalratstätigkeit), des § 39 (Ehrenamtliche Tätigkeit und Freistellung von Personalratsmitgliedern), des § 58 NPersVG (Schutzvorschriften für Auszubildende) und des § 79 (Zuständigkeit des Personalrats und der Stufenvertretungen) auf den aktuellen Stand gebracht. Darüber hinaus haben wir den § 63 (Unzulässige Maßnahmen), den § 106 (Sonderregelungen für öffentliche Theater und Orchester), die §§ 108, 108a (Sondervorschriften für sonstige Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts und Einrichtungen der öffentlichen Hand mit wirtschaftlicher Zweckbestimmung) sowie die gesamten personalvertretungsrechtlichen Sondervorschriften für den kommunalen Bereich in §§ 107 bis 107f NPersVG vollständig neu kommentiert, um auch weiterhin eine aktuelle und verlässliche Handreichung für die alltägliche Arbeit der Dienststellen und Personalvertretungen, aber auch der Gerichte und Rechtsberater zu bieten.
Darüber hinaus aktualisiert die 30. Ergänzungslieferung die im Werk abgedruckten einschlägigen Gesetzestexte (BeamtStG, NBG, NLVO, NLVO-Pol, NLVO-Bildung, WO-PersV und ArbGG).
Leseprobe
Auszug aus:
NPersVG
§ 107f
Verfahren zur Herstellung des Benehmens
…
II. Anwendungsbereich
Das Beteiligungsverfahren nach § 107f NPersVG gelangt dann zur Anwendung, wenn im kommunalen Bereich das Benehmen des Personalrats oder eines gebildeten Gesamtpersonalrats herzustellen ist. Die Beteiligungstatbestände, bei denen ein Benehmen herzustellen ist, ergeben sich auch für den kommunalen Bereich aus § 75 NPersVG.
…
III. Zeitpunkt der Einleitung des Beteiligungsverfahrens
1. Grundsatz frühzeitiger Beteiligung
Im Hinblick auf den Zeitpunkt der Beteiligung unterscheidet sich § 107f Abs. 1 NPersVG nicht vom Beteiligungsverfahren in der Landesverwaltung. Auch unabhängig von einer ausdrücklichen gesetzlichen Formulierung muss die Beteiligung rechtzeitig sein. Dies folgt aus dem Sinn und Zweck des Beteiligungsrechts. Die Personalvertretung muss auf der einen Seite die Möglichkeit haben, die ihr mitgeteilten rechtlichen und tatsächlichen Umstände vor der Behandlung zu verarbeiten und in den Prozess ihrer Willensbildung einzubeziehen. Auf der anderen Seite muss ihr der Zeitpunkt der Beteiligung die Möglichkeit eröffnen, ihre gesetzlichen Befugnisse voll auszuschöpfen und auf die inhaltliche Entscheidung Einfluss zu nehmen. Die Personalvertretung darf nicht vor weitgehend vollendete Tatsachen gestellt werden. Auch die schwächere Beteiligungsform des Benehmens rechtfertigt es nicht, dieses Beteiligungsrecht im Hinblick auf bereits getroffene Entscheidungen und die einfache Überwindbarkeit etwaiger Einwendungen durch verspätete Einbeziehung der Personalvertretung gleichsam leerlaufen zu lassen. Daraus ergibt sich der Grundsatz einer möglichst frühzeitigen Beteiligung.1)
2. „Beabsichtigte Maßnahme“
Trotz der scheinbar abweichenden Anknüpfung des § 107f Abs. 1 Satz 1 NPersVG („vor Durchführung der Maßnahme“) fordern der Grundsatz der frühzeitigen Beteiligung, die ausdrückliche Formulierung in § 107f Abs. 1 Satz 3 NPersVG („beabsichtigte Maßnahme“) und der in Bezug genommene § 68 Abs. 2 Satz 2 NPersVG, dass die Beteiligungspflicht auch im kommunalen Bereich bereits durch eine „beabsichtigte Maßnahme“ ausgelöst wird.
Beabsichtigt ist eine Maßnahme schon dann, wenn der Willensbildungsprozess des Dienststellenleiters abgeschlossen ist.2) Eine andere Betrachtung ist nicht deshalb geboten, weil es im kommunalen Bereich häufig der Entscheidung der Vertretung als oberster Dienstbehörde3) bedarf, um die vom jeweiligen Hauptverwaltungsbeamten vorgeschlagenen Regelungen umzusetzen. Denn nicht die kommunale Vertretung oder deren Ausschüsse, sondern der Hauptverwaltungsbeamte als Dienststellenleiter ist der Partner der Personalvertretung und hat deren Mitwirkungsrechte zu wahren. Nach § 2 Abs. 1 NPersVG arbeiten Dienststelle und Personalvertretung unter Beachtung der Gesetze und Tarifverträge vertrauensvoll und partnerschaftlich zur Erfüllung der der Dienststelle obliegenden Aufgaben und zur Wahrung der Belange der in der Dienststelle Beschäftigten zusammen. Dienststelle ist nicht die Vertretung oder ein beschließender Ausschuss, sondern die kommunale Verwaltung. Gemäß § 6 Abs. 1 NPersVG sind Dienststellen im Sinne dieses Gesetzes die einzelnen Behörden, selbständigen Betriebe einschließlich der Eigenbetriebe und, sofern Behörden nicht vorhanden sind, die Verwaltungsstellen der in § 1 NPersVG genannten Verwaltungen. Nach § 1 Abs. 1 NPersVG gehören dazu auch die Gemeinden und Landkreise. Nach § 85 Abs. 3 Satz 1 NKomVG leitet und beaufsichtigt der Hauptverwaltungsbeamte die Verwaltung. Er ist Dienststellenleiter im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 NPersVG. Ihm gegenüber hat der Personalrat seine Beteiligungsrechte auszuüben. Das Beteiligungsrecht soll es der Personalvertretung zunächst ermöglichen, auf die Willensbildung des Dienststellenleiters Einfluss zu nehmen. Das ist nach einer abschließenden Entscheidung der kommunalen Vertretung in effektiver Weise nicht mehr ohne weiteres möglich, da der Dienststellenleiter als Hauptverwaltungsbeamter zur Durchführung der Beschlüsse der Vertretung verpflichtet ist (§ 85 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 NKomVG). Der Zeitpunkt vor Herbeiführung einer endgültigen Entscheidung der kommunalen Vertretung ist aber auch deshalb maßgeblich, weil der Dienststellenleiter verpflichtet ist, die gegen eine Entscheidung vorgebrachten Einwendungen der Personalvertretung dem für diese Entscheidung zuständigen Organ zur Kenntnis zu bringen. Auf diese Weise wird eine wirksame und sachgerechte Ausübung des Beteiligungsrechtes sowie eine umfassende Information des zur Entscheidung berufenen Organs sichergestellt.4) Bei einer lediglich nach Beschlussfassung der kommunalen Vertretung möglichen Erhebung von Einwendungen seitens der Personalvertretung bliebe erforderlichenfalls nur eine erneute Befassung des zur Letztentscheidung berufenen Organs durch den höheren Dienstvorgesetzten, was weder eine sachgerechte Durchführung des Beteiligungsverfahrens darstellte, noch mit den Grundsätzen einer effektiven Verwaltung vereinbar wäre. Es liegt mithin sowohl im Interesse einer effektiven Beteiligung der Personalvertretung als auch eines zügigen Entscheidungsprozesses, dass das innerhalb der Dienststelle durchzuführende Beteiligungsverfahren vor Befassung der abschließend entscheidenden Vertretung beendet ist.5)
Eine andere Betrachtung gebietet auch das der Personalvertretung bei einer Entscheidungszuständigkeit der kommunalen Vertretung als oberster Dienstbehörde in § 107 Abs. 2 NPersVG eingeräumte Erörterungsrecht nicht.6) Hiernach haben die oberste Dienstbehörde und die kraft Gesetzes zur Entscheidung befugten Ausschüsse die bei ihnen zur Entscheidung anstehenden Maßnahmen, die der Beteiligung unterliegen, auf Verlangen der Personalvertretung mit dieser zu erörtern. Diese Regelung stellt eine Abweichung von dem aus der Partnerschaft zwischen Dienststelle und Personalvertretung fließenden Grundsatz dar, dass die Personalvertretung ihre Beteiligungsrechte nur gegenüber dem Leiter der Dienststelle geltend machen kann. Sie ist eingeführt worden, um auf kommunaler Ebene den Personalvertretungen die zusätzliche Möglichkeit zu geben, ihre Beteiligungsrechte gegenüber den zur Entscheidung befugten Gremien wahrzunehmen, weil in wichtigen Angelegenheiten nicht der Leiter der Dienststelle entscheidet. Diese Erörterung, die außerhalb des eigentlichen Beteiligungsverfahrens stattfindet,7) dient indes nicht als Ersatz für eine rechtzeitige Beteiligung der Personalvertretung.
Gemäß dem aufgezeigten Prinzip ist eine Maßnahme dann noch nicht beabsichtigt, wenn der Willensbildungsprozess des Dienststellenleiters nicht abgeschlossen ist. In diesen Fällen lösen auch Vorlagen des Dienststellenleiters an das zuständige kommunale Entscheidungsorgan, die lediglich Bestandteil des Willensbildungsprozesses sind und eine abschließende Entscheidung nicht herbeiführen sollen, die Beteiligungspflicht noch nicht aus.8) In diesem Stadium fehlt es an einer konkret beabsichtigten Maßnahme und eine Beteiligung der Personalvertretung ist rechtlich nicht geboten, aber auf der Grundlage der vertrauensvollen Zusammenarbeit möglich.9)
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1) Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. 11. 1991 – BVerwG 6 P 24.90 –, PersV 1992, 228; Nds. OVG, Beschluss vom 28. 3. 2017 – 18 LP 4/15 –, juris, PersV 2017, 389.
2) BVerwG, Beschluss vom 18. 3. 2008 – BVerwG 6 PB 19.07 –, PersR 2009, 167.
3) Vgl. zu den Begrifflichkeiten: § 107 Rn. 5.
4) BVerwG, Beschluss vom 14. 1. 1983 – BVerwG 6 P 93.78 –, BVerwGE 66, 347; Nds. OVG, Beschluss vom 28. 3. 2017 – 18 LP 4/15 –, juris, PersV 2017, 389; Sächs. OVG, Beschluss vom 18. 9. 2008 – PL 9 B 264/05 –, PersV 2010, 348.
5) Nds. OVG, Beschluss vom 28. 3. 2017 – 18 LP 4/15 –, juris, PersV 2017, 389; VG Hannover, Beschluss vom 9. 3. 2010 – 17 A 2399/09 –.
6) Vgl. hierzu im Einzelnen: § 107 Rn. 9 ff.
7) Schriftlicher Bericht zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes, LT-Drs. 15/3400, S. 1.
8) Nds. OVG, Beschluss vom 28. 3. 2017 – 18 LP 4/15 –, juris, PersV 2017, 389; VG Hannover, Beschluss vom 9. 3. 2010 – 17 A 2399/09 –; Bieler/Müller-Fritzsche, NPersVG, 17. Aufl. 2016, § 64 Rn. 17.
9) OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 18. 3. 1991 – CL 78/88 –, NWVBl. 1991, 418; Dembowski/Ladwig/Sellmann, NPersVG, § 68 Rn. 12 (Stand: November 2016).